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Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 42 "Aussenpolitik" (NFP 42) untersuchte das Projekt, wie die Schweiz in verschiedenen europäischen Ländern wahrgenommen wird.

Verschiedene methodische Zugänge

In methodischer Hinsicht beruhte die Untersuchung auf:

  1. einer sekundärstatistischen Analyse von EUROBAROMETER-Befragungsdaten,
  2. der Durchführung einer eigenen EUROBAROMETER-Primärerhebung,
  3. der Inhaltsanalyse von fünf ausgewählten Wochenzeitungen und -zeitschriften und
  4. Eliteninterviews mit führenden Vertretern von EU-Kommission, EU-Ministerrat und EU-Parlament sowie von grossen europäischen Wirtschaftskonzernen.

Die mit Hilfe dieser vier Zugänge gewonnenen Daten zeichnen ein differenziertes Bild, das sich einer einfachen Zusammenfassung und Interpretation entzieht. Als erster Befund fällt das geringe Interesse vieler Befragten und Medien an der Schweiz auf, welches im Kontrast zur Bedeutung steht, die dem Schweizbild im Ausland hierzulande häufig beigemessen wird. Von einem 'ruinierten' Image (die Untersuchung fiel in die Zeit der Diskussion um die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg) der Schweiz kann dabei keine Rede sein. Vielmehr reflektieren die Ergebnisse eine realistische und freundlich-kritische Einschätzung des Landes, die durchaus ihre Entsprechungen in der Diskussion innerhalb der Schweiz findet. Als weiterer Befund muss die grosse Konstanz der Schweizbilder im Ausland hervorgehoben werden. Die Daten zeigen, dass das Bild der Schweiz im Ausland sehr träge ist und sich nur langsam wandelt.

Von den Bürgern, Medien und Eliten werden allerdings verschiedene Aspekte und Facetten des Schweizbildes betont. Für die EU-Bürger ist die Schweiz in erster Linie ein Ferienland; in ihrem Schweizbild überwiegen die Klischees. Für die Wirtschaftseliten repräsentiert die Schweiz einen qualitativ hochstehenden Wirtschaftsstandort, von den Politikeliten werden die innen- und aussenpolitischen Merkmale der Schweiz betont. Die beträchtlichen Unterschiede zwischen EU-Bürgern, Medien sowie Politik- und Wirtschaftseliten zeugen davon, dass diese vier Gruppen bzw. Wahrnehmungsträger sich gegenseitig in bezug auf ihr Schweizbild nur schwach beeinflussen. Ein gutes Beispiel für die Autonomie bzw. Entkoppelung massenmedialer Wahrnehmungen ist die Problematik des Verhaltens der Schweiz und der Schweizer Banken im Zweiten Weltkrieg. Die mediale Berichterstattung war in diesem Zusammenhang intensiv und kritisch, aber das Interesse und die Kritik wurde von den Bürgern und Eliten der EU-Länder nicht geteilt.

Bei der Analyse der Befragungsdaten wurden nur schwache Unterschiede zwischen einzelnen sozio-ökonomischen Gruppen und etwas stärkere Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedstaaten festgestellt. Sowohl bezüglich des Vertrauens in die Schweiz und der Zustimmung zu einem allfälligen EU-Beitritt der Schweiz als auch bei den allgemeinen Einschätzungen der Schweiz befinden sich Frankreich und Italien unter den Ländern, in welchen kritische Meinungen zur Schweiz vergleichsweise häufig sind. Bei der Primärerhebung zeigten sich aber die Holländer und Dänen der Schweiz gegenüber am kritischsten. Dies hindert aber die Bürger dieser beiden Länder nicht daran, an der Spitze aller EU-Mitgliedstaaten einen EU-Beitritt der Schweiz am stärksten zu begrüssen. Ein weiteres Beispiel für das Auseinanderfallen positiver und kritischer Meinungen zur Schweiz liefert die Tatsache, dass im Falle von Spanien, Italien und Frankreich den kritischeren Bürgermeinungen eine eher positive mediale Berichterstattung gegenübersteht. Dagegen berichten „Der Spiegel" und 2The Economist" vergleichsweise kritisch über die Schweiz, obwohl ihr Zielpublikum wohlwollende Einschätzungen vornimmt.

Bei den Eliteninterviews überrascht am meisten die eher negative Meinung der EU-Vertreter zur direkten Demokratie und – im Gegenzug dazu – ihre emphatisch-wohlwollende Haltung zur Vergangenheit der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. Das internationale Abseitsstehen der Schweiz stört weniger die Bürger der EU-Länder als ihre Medien und Eliten. Kritische Wahrnehmungen der Schweiz sind in erster Linie die Folge des heutigen Verhaltens und umstrittener Geschäftspraktiken der Schweizer Banken.

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